Wann verletzen Eltern die Aufsichtspflicht? Pflichten und Strafen für Eltern?

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Ob Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, ist gesetzlich nicht streng festgelegt, sondern wird individuell entschieden. Häufig wird erst während Gerichtsverfahren festgestellt, ob Eltern für das Verhalten ihrer Kinder verantwortlich gemacht werden können. Da Alter und charakterliche Entwicklung eine bedeutende Rolle bei der Urteilsfindung spielen.

Gesetz zur Aufsichtspflicht der Eltern:

  • Grundsätzlich gilt, dass der Aufsichtspflichtige dafür Sorge zu tragen hat, dass der Beaufsichtigende weder sich selbst noch andere schädigen kann und keinen unnötigen Gefahren ausgesetzt wird.
  • § 832 des BGB besagt, dass Aufsichtspflichtige für entstandene Schäden haften müssen, die der Beaufsichtigende verursacht, es sein denn, er hat seine Aufsichtspflicht ausreichend erfüllt.
  • Die Aufsichtspflicht ist Teil der Personensorge, die nach § 1631 Abs. 1 BGB das „Recht und die Pflicht [umfasst], das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen“ . Da eine selbstständige Entwicklung Teil einer guten Erziehung ist, ist die Aufsichtspflicht nicht eindeutig geregelt.

Folgen bei Verletzung der Aufsichtspflicht

  • Schadensersatz: Haben Erziehungsberechtigte ihre Aufsichtspflicht verletzt, müssen sie für den entstandenen Schaden aufkommen. Beträge in fünfstelliger Höhe sind hier keine Seltenheit.
  • In vielen Fällen kommt jedoch die private Haftpflichtversicherung für den entstandenen Schaden auf.
  • Strafrecht: Klagen die geschädigten Personen, können die Eltern auch strafrechtlich belangt werden. Im schlimmsten Fall kann die Freiheitsstrafe mehrere Jahre betragen.

Ab wann einem Kind Messer und gefährliche Werkzeuge anvertrauen?

  • Messer und gefährliche Werkzeuge dürfen nicht unbeaufsichtigt sein, wenn ein Kind anwesend ist. Wenn das Kind Interesse an dem Gegenstand zeigt, ist besondere Vorsicht geboten.
  • So wurde eine Mutter 1998 vom Oberlandesgericht Hamm zu einem Schmerzensgeld über 50.000 DM verurteilt, weil ihr 5-jähriger Sohn ein Schälmesser nach seinem Cousin warf und ihn am Auge traf, während sie den Raum kurz verlassen hatte. Die Mutter hatte ihre Schwester lediglich angewiesen auf das Essen zu achten und das Schälmesser liegen gelassen.
  • Eltern verletzen also ihre Aufsichtspflicht, wenn sie Waffen oder auch einfache Taschenmesser unbeaufsichtigt liegen lassen. Bekommt ein Kind jedoch ein eigenes Messer, und ist alt genug um die Gefahren zu erkennen, liegt keine Verletzung der Aufsichtspflicht vor, wenn es zu einem Unfall kommt.

Ab wann einem Kind Feuer und Silvesterraketen anvertrauen?

  • Streichhölzer, Feuerzeuge und Silvesterböller müssen grundsätzlich so aufbewahrt werden, dass Kinder keinen Zugang zu ihnen haben.
  • Außerdem müssen Eltern die Gefahren von Feuer deutlich gemacht werden. Dazu gehört auch, sie anzuweisen, nicht mit anderen zu zündeln, oder diese zum Zündeln zu verleiten.
  • Eine tägliche Taschenkontrolle kann von Eltern jedoch nur dann verlangt werden, wenn beim Kind bereits Streichhölzer gefunden worden sind, oder es bereits gezündelt hat.
  • Wer seinen Kindern genehmigt, Silvesterraketen zu starten, haftet für entstehende Schäden. So entschied das Oberlandesgericht Schleswig, nachdem einem Siebenjährigen ein Knaller in der Hand explodiert war und die Druckwelle ein anderes Kind schwer am Auge verletzte.

Häufigkeit der Überprüfung: Wie viel Freiraum dürfen bzw. müssen Kinder laut dem Gesetz haben?

  • Kindern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich zu entfalten. Eine zu ausgeprägte Kontrolle kann dies verhindern. Normal entwickelte Kinder ab sieben Jahren müssen Eltern nicht in regelmäßigen Abständen kontrollieren.
  • So entschied ein Gericht im Falle von zwei Jungen, die ein Auto zerkratzen, unterschiedlich: Während die Eltern des Siebenjährigen nicht belangt werden konnten, verurteilte das Gericht die Eltern des Fünfjährigen wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht, da hier eine halbstündige Kontrolle angemessen sei.
  • Diese Regelung ist jedoch auch abhängig vom Ort. In der Nähe einer vielbefahrenden Straße dürfen Eltern kleine Kinder überhaupt nicht unbeaufsichtigt lassen, während Vierjährige auf einem Spielplatz auch eine Viertelstunde allein gelassen werden dürfen.
  • In „Obhut fordernden Räumen“ wie Geschäften, in denen schnell großer Schaden entstehen kann, dürfen vor allem Kleinkinder nicht von der Hand gelassen werden.
  • Beim Spielen innerhalb von bekannten Wohnräumen eine dauerhafte Überwachung nicht notwendig. So entschied das Amtsgericht Bonn, dass die Mutter nicht für in der Toilette heruntergespülte Schmuckstücke ihrer Schwester haften muss.

Kinder im Straßenverkehr: Ab wann darf mein Kind alleine zur Schule, Freunden bzw. sich frei bewegen?

  • Kinder dürfen sich im Straßenverkehr alleine bewegen, wenn ihnen die Straßenverkehrsordnung vertraut ist und sie eindringlich über Gefahren unterrichtet wurden. Dies gilt auch für Fahrradfahren auf dem Gehweg.
  • So wies das Landgericht Münster eine Klage ab, nachdem eine neunjährige Radfahrerin mit einer anderen Radfahrerin kollidierte, die sich dabei Verletzungen zuzog. Die Neunjährige fuhr jedoch bereits seit drei Jahren Fahrrad und war von den Eltern ausreichend über die Straßenverkehrsordnung belehrt worden, sodass diese nicht belangt werden konnten.

Aufsicht von Kindern im Internet und bei kostenpflichtigen Diensten?

  • Eltern haften grundsätzlich nicht für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder, wenn diese ausreichend über ein Verbot aufgeklärt worden sind und kein Hinweis dafür vorliegt, dass die Kinder dem zuwiderhandeln. Auch eine regelmäßige Kontrolle des Computers des Kindes ist nicht notwendig.
  • Nachdem das Oberlandesgericht Köln erst der Klage von Tonträgerherstellern gegen einen 13-Jährigen stattgegeben hatte, wies der Bundesgerichthof die Klage ab. Er verwies darauf, dass eine Kontrolle oder ein eingeschränkter Zugang zum Internet erst dann notwendig sei, wenn das Kind dies durch sein Verhalten erforderlich mache.
  • Eltern haften nicht für Klingelton-Abonnements ihrer Kinder, auch wenn deren Vertrag über die Erziehungsberechtigten abgeschlossen wurde. Im Falle eines 12-Jährigen, der eine Sex-Hotline anrief und dabei Kosten in Höhe von 600 € verursacht hat, entschied das OLG München jedoch, dass der Vater für die Rechnung aufkommen muss, da er das Telefon nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt hatte.

Mein Kind fährt Schwarz! Was ist wenn mein Kind die zwei Euro für den Bus einsteckt und schwarz fährt?

  • Minderjährige ohne Fahrschein müssen das erhöhte Beförderungsentgelt in der Regel nicht zahlen, sondern nur den ursprünglichen Fahrpreis erstatten.
  • Eine Ausnahme gilt bei Kindern, die bereits häufiger beim Schwarzfahren erwischt worden und darüber aufgeklärt worden sind. Wann haftet das Kind?
  • Kinder unter sieben Jahren können grundsätzlich nicht belangt werden, da sie als „nicht deliktfähig“ gelten.
  • Ältere Kinder können zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie sich über die Gefahr bewusst waren. Das gesamte Ausmaß muss jedoch nicht bekannt sein.
  • Im Straßenverkehr gelten Kinder als schuldfähig, wenn sie mindestens zehn Jahre alt sind und den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Haftungsteilung zwischen Eltern und Kind kann dann gefordert werden, wenn die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht umfassend gerecht wurden, das Kind jedoch bereitsteilweise zur Eigenverantwortung fähig ist.

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