Selbstwertgefühl: Erfolg ist (auch) Entscheidungssache

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Mein Haus, mein Auto, mein Job – für viele Menschen sind das wichtige Werte, über die sie sich definieren. Daran machen sie ihren Status in der Gesellschaft, ihren Selbstwert fest. Natürlich steht es jedem frei, worüber er sich definiert. Aber es ist nicht unbedingt klug, sein persönliches Selbstwertgefühl an Dinge zu knüpfen, die vergänglich sind. Aus jeder Jobkrise, jedem materiellen Verlust wird so mitunter eine veritable Persönlichkeitskrise und eine gefühlte gesellschaftliche Blamage. Kein Job, kein Geld, kein Haus, kein Selbstwert. Endstation Sinnkrise…

Die Gefahren übersteigerter Erwartungen

Wiederholter Erfolg, jahrelanger Aufschwung, stetiges Wachstum – so glücklich einen Prosperität und Wohlstand machen können: Sie stellen auch eine Gefahr dar. Dann nämlich, wenn daraus übersteigerte Erwartungen erwachsen. Wenn wir annehmen, das alles, das Geld, die Anerkennung sei selbstverständlich und müsse immer so weitergehen.

Dann sehen wir diese Dinge nicht mehr als Resultat, als Kollateralerzeugnis unserer eigentlichen Bemühungen und Ziele, sondern erheben sie zum Niveau, das wir auf keinen Fall je wieder unterschreiten wollen.

Sicher, Erfolg macht nicht nur sexy – er ist sexy. Doch je mehr wir unseren Beruf zur Selbtsverwirklichung nutzen, desto mehr avanciert er auch zu einem wesentlichen Gradmesser der Selbstbestätigung und damit zum alleinigen Anker unseres Selbstwertgefühls. Gefährlich!

Längst sind viele von uns Opfer einer Gehirnwäsche, der sie sich selbst unterzogen haben: „Im Zeitalter der Massenmedien vergleichen wir uns ständig mit dem Unvergleichlichen – und das spornt uns nicht an; das macht uns neidisch, träge, böse, missgünstig“, sagt zum Beispiel Norbert Bolz, Medienprofessor an der TU Berlin. Dahinter steckt nicht selten auch die Angst vor Ablehnung: Wir wollen wenigstens mithalten, um nicht hinterher zu hecheln.

Aber letztlich tun wir genau das. Denn unser Selbstwert ist dabei maßgeblich abhängig vom Zuspruch anderer. Ein mehr als fragwürdiges Fundament.

Selbstwert: Glanz und Glorie beginnen im Inneren

Es gibt dazu eine schöne, aber schon etwas angegraute Anekdote aus Hollywood. Victor Fleming ist der Regisseur des vielleicht erfolgreichsten Kinofilms aller Zeiten: „Vom Winde verweht“. Bei den Dreharbeiten überstrapazierte der kreative Kalifornier allerdings nicht nur die Geduld der Schauspieler am Set, sondern auch das Budget.

Eines Tages fragte ihn sein dem Herzinfarkt bereits naher Produzent, David O. Selznick, warum es denn bitteschön nötig sei, dass Scarlett und ihre Schwestern fuderweise Unterröcke aus kostbarer, handgeklöppelter belgischer Spitze tragen müssten. Im Kinosessel und unter den Kleidern sähe das hinterher schließlich niemand. „Aber die Schauspielerinnen wissen es“, soll Fleming geantwortet haben, „und weil sie wissen, dass die Unterröcke, die sie anhaben, sündhaft teuer sind, fühlen sie sich als die, die sie spielen sollen: verwöhnte, reiche Gutsherrentöchter.“

Man darf von guten Schauspielern sicher erwarten, dass sie auch in Billig-Schlüpfern von Primark so aus der Wäsche strahlen als seien sie gerade von Victoria’s Secret entkleidet eingekleidet worden. Trotzdem lässt sich besser kaum beschreiben, wie Selbstwertgefühl funktioniert:

Wer nicht von innen heraus an sich selbst, seine Herkunft, sein Können und seine Talente glaubt; wer nicht überzeugt ist, von dem was er oder sie tut und dass man alles schaffen kann, was man sich vornimmt, der wird in seinem Leben auch längst nicht so viel erreichen, wie er oder sie könnte.

Alle großen Persönlichkeiten der Geschichte hatten eines gemein: Sie glaubten (uneingeschränkt) an sich. Und das war nichts, was ihnen in die Wiege gelegt wurde. Sie mussten es lernen.

Die gute Nachricht: Selbstwertgefühl zu lernen, ist keine Raketenwissenschaft. Im Gegenteil: Es ist Einstellungssache, eine tägliche Entscheidung – und die folgt einigen simplen Grundpinzipien:

  • Hören Sie auf, sich mit anderen zu vergleichen.
  • Schauen Sie auf das, was Sie können – jeder kann etwas.
  • Nehmen Sie Komplimente mit Freude an.
  • Entwickeln Sie sich weiter.
  • Pflegen Sie Beziehungen zu Menschen, die Sie mit ihrer positiven Haltung anstecken.
  • Geben Sie sich nicht mit dem Erstbesten zufrieden.
  • Machen Sie möglichst oft das, was Sie lieben.
  • Belohnen Sie Ihr Tagwerk mit einem Highlight.
  • Feiern Sie Erfolgserlebnisse – und erinnern Sie sich immer wieder daran.

Es ist nun einmal so: Für unser Selbstwertgefühl sind wir – wie der Name schon sagt – selbst verantwortlich. Damit ist Selbstwert eine Frage des (eigenen) Maßstabs.

Fragt man Menschen, die massive Lebenskrisen bewältigt haben, so antworten diese nahezu unisono, dass sie ihre persönliche Krise als Befreiung erlebt haben; als Abkehr von haltlosen (materiellen) Maßstäben, denen sie bisher treu ergeben waren. Mancher, der seinen Job verloren hat, erkennt erst danach, dass Familie, Freunde oder auch Ehrenämter viel sinnstiftender sein können.

Dahin muss man allerdings erst einmal kommen – in seinem Haus, Auto, Job.

Über den Autor

Jochen Mai ist Gründer und Herausgeber des Karriereportals karrierebibel.de und der Ratgeber-Community karrierefragen.de mit mit mehr als 2 Millionen Lesern im Monat. Der ehemalige Ressortleiter der WirtschaftsWoche zählt zudem zu den einflussreichsten Namen des Social Webs: Er doziert unter anderem an der TH Köln, der Deutschen Presseakademie und der Zeppelin Universität und gilt als Spezialist für Blogs, Content Marketing und Social Media Strategien.

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