Warum hat die Schweiz keine Hauptstadt? Wie regelt die Schweiz das?

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Wird nach der Schweizer Hauptstadt gefragt, dann lautet die Antwort oft: Bern. Korrekt ist diese Angabe nicht, denn Bern ist lediglich die Bundesstadt der Schweiz. Damit gehört die Schweiz zu einer überschaubaren Minderheit von Ländern, in denen es keine offizielle Hauptstadt gibt. Die Gründe sind historischer, politischer und gesellschaftlicher Natur.

Fehlende Hauptstadttradition

  • In der alten Eidgenossenschaft bis 1798 fand die Tagsatzung, ein Kongress mit Abgesandten der Kantone, in unterschiedlichen Städten statt: Luzern, Zürich, Baden und Frauenfeld.
  • Während der Helvetischen Republik (1789-1803) wurde der Hauptstadtsitz mehrmals verlegt: erst war er in Aarau, später in Luzern und am Ende in Bern.
  • In der Zeit des Bundesvertrags (1815-1848) rotierte der Sitz der Tagsatzung: je zwei Jahre tagte der Kongress abwechselnd in Luzern, Zürich und Bern.
  • Eine einzige Hauptstadt hatte sich nie herausgestellt.

Vereinigung zum Bundesstaat

  • Der Vereinigung der einzelnen Kantone zum Bundesstaat im Jahr 1848 ging der Sonderbundskrieg voraus. Er fand im November 1847 zwischen den liberal-radikalen und katholisch-konservativen Kantonen statt. Die liberal-radikalen Kräfte gingen aus diesem Bürgerkrieg als Sieger hervor.
  • Um eine Einheit als Staat dauerhaft gewährleisten zu können, mussten beide Gruppierungen gemeinsam die neue Bundesverfassung unterstützen.
  • Mit der Gründung eines gemeinsamen Staates waren die Konflikte zwischen den beiden Lagern nicht beseitigt. In den katholisch-konservativ geprägten Kantonen wurde das neue poltische Modell zunächst nicht unterstützt, weshalb auf eine Hauptstadt als Symbol eines staatlichen Zentrums verzichtet wurde.

Die Bundesstadt

  • Ein zentraler Ort wurde notwendig, in dem die neuen politisch-administrativen Aufgaben wahrgenommen werden konnten.
  • Die Schweizer Verfassung schreibt dafür keine Hauptstadt vor, sondern formuliert in Art. 108, dass der Sitz der Bundesbehörden in der Bundesstadt liegt.

Wahl der Bundesstadt

  • Zur Wahl der Bundesstadt standen am 28.11.1848 Zürich, Luzern und Bern. Bei allen drei Städten galt es, Vor- und Nachteile abzuwägen. Letztendlich wurde Bern mit deutlicher Mehrheit zur Bundesstadt gewählt.
  • Bern ging mit seiner Wahl zur Bundesstadt die Verpflichtung ein, den neu geschaffenen Bundesbehörden entsprechende Gebäude zur Verfügung zu stellen und für die laufenden Kosten aufzukommen.

Einheit durch Dezentralisierung

  • Bestehende Spannungen zwischen den Kantonen wurden durch Art. 108 aufgefangen, der eine Ansiedlung von Einrichtungen des Bundes auch außerhalb des Bundessitzes, d.h. außerhalb der Bundesstadt Bern erlaubte.
  • Von dieser Möglichkeit machten die Schweizer mehrfach Gebrauch, zuletzt im Jahr 2012, als der Sitz des Bundesverwaltungsgerichts von Bern nach St. Gallen verlegt wurde.

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