Gerichtsvollzieher: Wie ist der Ablauf? Was kann alles gepfändet werden?

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Voraussetzungen Zwangsvollstreckung: In allen Fällen ist ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Schuldtitel Voraussetzung für die Vollstreckung. Hierzu meldet sich auf jeden Fall vorher ein Gericht per Einschreiben vorher wo man ggf. noch Einspruch erheben kann. Ausnahmen: öffentliche Gläubiger, etwa Finanzämter, diese können in der Regel sofort vollstrecken.

Was darf alle gepfändet werden? Möglichkeiten des Gläubigers (derjeniger der Geld haben soll) bis zum Haftbefehl und dessen Verfolgung

  • Hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel in Händen, so hat er mehrere Möglichkeiten, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen unterscheidet man zwischen der Zwangsvollstreckung in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen. In der Regel wird der gläubiger erst die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen versuchen.
  • Da der Gläubiger hier die Kosten des Gerichtsvollziehers vorschießen muss, wird er in fiesem Fall erst einmal versuchen, die ihm bekannten Vermögenswerte des Schuldners zu pfänden. In der Praxis spielt hier vor allem die Pfändung von Bankkonten eine wichtige Rolle.

Pfändung von Bankkonten und anderen Forderungen

  • Hierbei beantragt der Gläubiger gemäß § 828 ZPO beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der dem Drittschuldner (Drittschuldner ist derjenige, der über das Geld verfügt, also etwa Bank oder Arbeitgeber) dann gemäß $ 829 BGB zugestellt wird. Genauso wird auch die Pfändung von Arbeitseinkommen durchgeführt.
  • Die Kontopfändung führt dazu, dass man nur noch in Höhe des die Pfändung übersteigenden Guthabens über das Konto verfügen kann. Um dem Schuldner in diesem Falle zumindest das Lebensnotwendige zu belassen, hat der Gesetzgeber deshalb das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) eingeführt. Dieses ist in § 850 k ZPO geregelt. Ab 1. Juli darf man dann einen pfändungsfreien Grundbetrag in Höhe von 1049,99 Euro behalten. Bei Unterhaltsverpflichtungen und anderen zusätzlichen Belastungen kann man diesen Betrag durch eine Bescheinigung der Schuldnerberatung anheben lassen. Man muss allerdings die Umwandlung in ein P-Konto bei der Bank beantragen.
  • Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen und anderen laufenden Bezügen gilt Ähnliches. Auch hier gibt es Pfändungsfreigrenzen, die vom Vollstreckungsgericht notfalls auch angehoben werden können.

Pfändung von beweglichen Sachen

  • Der Gläubiger kann dem Schuldner aber auch einen Gerichtsvollzieher ins Haus schicken. Grundsätzlich muss man diesen nicht hereinlassen, solange er keine richterliche Durchsuchungsanordnung vorlegen kann. Das selbe gilt auch für Vollstreckungsbeamte der Finanzämter und anderer öffentlicher Gläubiger.
  • Dieser führt dann beim Schuldner eine Sachpfändung durch und nimmt eventuell auch gleich die Vermögensauskunft, früher eidesstattliche Versicherung genannt, ab. Die Befugnisse des Gerichtsvollziehers sind in §802 a der ZPO geregelt.
  • Die Sachpfändung selbst läuft so ab, dass der Gerichtsvollzieher die Sachen in den Wohnung in Besitz nimmt oder ein Pfandsiegel anbringt(§ 808 ZPO). Später werden diese gepfändeten Sachen durch den Gerichtsvollzieher öffentlich versteigert($ 814 ZPO).
  • Der Gläubiger kann sich also nicht nach Lust und Laune Wertgegenstände aussuchen sondern diese werden öffentlich, wie bereits erwähnt, zum Höchstpreis versteigert.

Was darf der Gerichtsvollzieher pfänden / nicht pfänden? Bzw. Was darf der Gerichtsvollzieher mit nehmen?

  • Der Katalog der unpfändbaren Sachen ist in §811 ZPO festgelegt. Hierzu gehören vor allem alle notwendigen Haushaltsgegenstände sowie alle Dinge, die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit benötigt werden. (Auto um zur Arbeit ggf. zur Arbeit zu kommen, Computer bei einem IT-Beruf etc.)
  • Demnach ist zum Beispiel ein normaler Fernseher als notwendiger Haushaltsgegenstand nicht pfändbar. Gleiches gilt auch für einen normalen Computer. Dieser kann sogar unter zwei Gesichtspunkten unpfändbar sein: entweder als normaler Haushaltsgegenstand oder wenn er für die Ausübung der Berufstätigkeit benötigt wird, wenn man etwa im Internet arbeitet. Gleiches gilt auch für ein Kraftfahrzeug. Dieses ist unpfändbar, wenn es für die Ausübung der Berufstätigkeit benötigt wird. Dies gilt nach der Rechtsprechung sogar dann, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner damit zur Arbeit fährt(BGH, 28.01.2010 – VII ZB 16/09).
  • Allerdings ist hier unter Umständen gemäß § 811 a ZPO eine Austauschpfändung möglich. Wenn der Schuldner etwa einen teuren Mercedes oder Porsche, den er beruflich nutzt, so kann der Gläubiger diesen pfänden lassen, wenn er dem Schuldner etwa einen preiswerten VW Golf zur Verfügung stellt. Gleiches gilt zum Beispiel auch für einen teuren Flachbildfernseher.

Nicht genug bzw. nichts da zum Pfänden für den Gerichtsvollzieher? Abnahme der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher

  • Des weiteren kann der Gerichtsvollzieher vom Schuldner auch die Abgabe der Vermögensauskunft verlangen. Dies bietet sich an, wenn der Schuldner die Kooperation verweigert oder nicht zu Hause ist. Dann wird ihm der Gerichtsvollzieher unter Umständen je nach Vollstreckungsauftrag eine Frist von zwei Wochen setzen. Dieses Verfahren ist in § 802 f ZPO geregelt.
  • In dieser Vermögensauskunft muss man sein gesamtes Vermögen auflisten! Etwa auch unbekannte Konten oder versteckte Wertgegenstände. Lässt man hier was aus, begeht man eine Straftat,
  • Es ist erlaubt die Abgabe zu verweigern! Bei Weigerung kann gegebenenfalls aber ein zivilrechtlicher Haftbefehl erlassen werden (zur Verfolgung im nächsten Abschnitt mehr). Die Kosten für die Inhaftierung muss allerdings der Gläubiger tragen! Ein Tag Gefängnis kostet grob 80 Euro pro Tag. Nun muss sich jeder selbst ausrechnen ob der Gläubiger beispielsweise 30 Tage x 80 Euro = 2.400 Euro investiert um einen 500 Euro Forderung zu erhalten.
  • Mit Abgabe dieser Vermögensauskunft verliert man meist endgültig seine Kreditwürdigkeit. Deshalb sollte man versuchen, sich mit dem Gläubiger zu einigen. Hier legt man am besten Einkommensnachweise vor und bittet um Ratenzahlung. Eventuell hilft aber nur noch die Privatinsolvenz! Hierzu muss man sich rechtzeitig mit einer kompetenten Schuldnerberatung in Verbindung setzen.

Der Haftbefehl: Gläubiger, offene Schulden, Haftbefehl: Werde ich bei einer Polizeikontrolle, am Flughafen etc. durch den offenen Haftbefehl festgenommen?

  • Hat der Gläubiger wegen Schulden einen Haftbefehl beantragt, so handelt es sich hierbei um einen zivilen Haftbefehl und keinen strafrechtlichen Haftbefehl!
  • Der Gläubiger ist bei Schulden und einem zivilen Haftbefehl selbst dafür verantwortlich den Schuldner zu finden! Bei etwa einer Polizeikontrolle wird man also nicht verhaftet!
  • Auch am Flughafen oder beim Grenzübergang muss man sich nicht fragen: „Werde ich bei der Kontrolle festgenommen?„. Die klare Antwort ist nein! Die Polizei wird nicht nach einem fahnden bzw. suchen bei einem zivilrechtlichen Haftbefehl. Man kann also theoretisch auch mit offenen Haftbefehl, aufgrund von Schulde, in den Urlaub fliegen. Der Haftbefehl wird nur dann vollstreckt werden, wenn der Gläubiger den Aufenthalt kennt und die Verhaftung konkret Beauftragt (und bezahlt). Bei einer normalen Kontrolle etc. besteht definitiv keine Gefahr!

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