Kann ich meinen Sohn enterben? Wie sieht es mit dem Pflichtteil aus?

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Was in amerikanischen Filmen schnell mal für einen unorthodoxen Kleidungsstil angedroht wird, beschäftigt auch in der Realität so manche Eltern aufmüpfiger Sprösslinge: Wie enterbe ich meinen Sohn oder meine Tochter? Denn so einfach wie es in vielen Filmen dargestellt wird ist es in der Realität oftmals gar nicht.

Grundlagen des Erbrechts

  • Das Erbrecht ist im fünften Buch des BGB in den Paragraphen 1922 – 2385 geregelt.
  • Grundsätzlich kann jeder ab 16 Jahren in einem Testament seine Erben festlegen. Dies machen allerding nur ca. 30 % aller Sterbenden, weswegen in den meisten Fällen auf die gesetzliche Erbfolge zurückgegriffen wird.
  • Seit 1997 gelten dabei die gleichen Regelungen für eheliche, nichteheliche und adoptierte Kinder des Erblassers.
  • Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland folgt dem Parentel- und dem Linienprinzip. Das bedeutet, dass zunächst die Ordnung und dann innerhalb der Ordnung die Stämme entscheidend sind.
  • Prinzipiell schließen Kinder des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, so vorhanden, als Erben 1. Ordnung alle Erben fernerer Ordnungen aus.
  • Von sich aus können Erben gemäß §§1942, 1944 BGB grundsätzlich binnen sechs Wochen auf ihr Erbe verzichten oder schon vor dem Todesfall mittels Erbverzichtsvertrages auf ihren Anteil verzichten, §2346 BGB.

Kann mein Vater mich enterben? Das Pflichtteilsrecht

  • Wie bereits erwähnt, kann von dieser gesetzlichen Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen (§1937 BGB) in Form eines Testamentes oder eines Erbvertrages abgewichen werden.
  • Dabei steht es dem Erblasser grundsätzlich auch frei, nach seinem Gutdünken Personen von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen, also zu enterben.
  • Unter Umständen steht auch „enterbten“ Personen ein Anteil der Erbmasse zu, der sogenannte Pflichtteil.
  • Pflichtteilsberechtigt sind grundsätzlich gem. §2303 BGB die Abkömmlinge des Verstorbenen sowie dessen Eltern und Ehepartner.
  • Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte der Höhe des gesetzlichen Anteils.
  • Dieser Pflichtteil kann allerdings laut §2333 I BGB unter anderem entzogen werden, wenn der Erbe dem Erblasser oder Angehörigen nach dem Leben getrachtet hat, oder sich eines schweren Vergehens gegen diese strafbar gemacht hat. Weitere Gründe sind Verletzungen der Unterhaltspflichten, die für den Verstorbenen bestanden sowie längere Haftstrafen und Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken wegen schwerer Verbrechen.
  • Diese Gründe schließen einen Pflichtteil allerdings nicht grundsätzlich aus: Wenn der Erblasser deutlich macht, dass er dem Erben „verzeiht“, so bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil nach §2337 BGB unberührt.

Was ist Erbunwürdigkeit?

  • Bei besonders schweren Verfehlungen kann eine Person „erbunwürdig“ werden und somit sowohl ihren Anspruch auf den gesetzlichen als auch auf den Pflichtteil verlieren.
  • Ob jemand erbunwürdig ist, wird durch Klage ermittelt, die nach dem Tod des Erblassers erhoben werden muss.
  • Dazu berechtigt, diese Klage zu erheben, ist jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen als Erbe auch nur mittelbar zu Gute kommt.
  • Die Gründe für eine Erbunwürdigkeit sind in §2339 I BGB aufgezählt und umfassen unter anderem: Die Tötung des Erblassers, die Hinderung des Erblassers an der Errichtung einer letztwilligen Verfügung oder die Beeinflussung einer solchen durch Täuschung bzw. Drohung sowie die Begehung einer der in §§267,271-274 StGB normierten Straftaten.

Wie wird das Erbe aufgeteilt? Ein Rechenbeispiel:

  • Vater Erich, der nicht verheiratet ist, hat einen Sohn und eine Tochter sowie zwei Cousinen. Er hinterlässt bei seinem Tod ein Gesamtvermögen von 20.000 Euro. In seinem Testament hat er seinen Sohn enterbt. Anzeichen für eine Erbunwürdigkeit liegen nicht vor.
  • Abwandlung: Der Sohn hat den Vater getötet.
  • Gesetzlicher Anteil: Beide Kinder sind Erben erster Ordnung und verdrängen damit alle anderen Verwandten. Die zwei Cousinen gehen somit bei der Erbschaft leer aus.
  • Weil der Sohn enterbt wurde, steht ihm nur die Hälfte des gesetzlichen Anteils zu, der Anspruch der Schwester erhöht sich entsprechend.
  • Der Sohn erhält demnach einen Pflichtteil in Höhe von 5000 Euro, die Tochter erbt die übrigen 15.000.
  • In der Abwandlung muss die Schwester, oder eine der Cousinen Klage gegen die Erbschaft des Sohnes erheben. Dieser wird dann nichts erben, während die Schwester die gesamten 20.000 Euro erhält.

Fazit:

  • Seinen Sohn vollständig zu enterben, ist demnach nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Das umgangssprachliche „Enterben“ reduziert den Anteil des Erben nur auf den Pflichtteil und schließt ihn entgegen des Wortlauts nicht vollständig.

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