Mehrwertsteuer: Wann zahlt man 7% MwSt. und wann 19% MwSt.?

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1968 wollte der Gesetzgeber Geringverdiener und sozial schwache Menschen in Deutschland entlasten. Für Lebensmittel, den Nahverkehr und für Kulturgüter sollte ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gelten. Eine ehrenwerte Absicht, die durch Lobbyarbeit in ein Labyrinth der Unlogik und der Ausnahmeregelungen verwandelt worden ist.

Mehrwertsteuer: Allgemeine Unterschiede wann 7% und wann 19% berechnet werden müssen

  • Grundsätzlich kann in Deutschland von einer Mehrwertsteuer in Höhe von 19% ausgegangen werden. Die Ausnahmeregelung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7% betrifft drei Bereiche.
  • Prinzipiell fallen alle Berufsgruppen, deren Umsätze sich im Rahmen des Urheberrechtgesetzes bewegen, unter die 7%-Regelung. Urheberrechtlich geschützte Arbeiten/Werke wie Romane, Übersetzungen, Zeitungsartikel, Filme, Musicals, Grafik und Gemälde, Rundfunkbeiträge, auch Logos, Werbetexte und Websitegestaltungen werden ausnahmslos mit der ermäßigten Mehrwertsteuer abgerechnet.
  • Unter den 7%-Mehrwertsteuersatz gehören ebenfalls einmalige Darbietungen und Veranstaltungen des Bereichs Medien und Kunst. Dazu zählen Theatervorführungen und Konzerte, Filmvorführungen, Museums-Eintrittskarten, auch Zirkusvorführungen und Schaustellertätigkeiten und die Erzeugnisse des grafischen Gewerbes (Zeitungen und Bücher).
  • Der öffentliche Nahverkehr in Zügen, Bussen, Straßenbahnen und Taxen unterliegt der 7%-Regelung. Nahverkehr wird mit einem Radius von 50 km definiert. Ein Ticket des öffentlichen Nahverkehrs wird also mit 7% besteuert, wenn die Fahrstrecke 50 km nicht überschreitet. Das gleiche gilt für Überlandfahrten im Taxi. Innerhalb der Gemeinde darf für Taxifahrten auch über 50 km der ermäßigte Mehrwertsteuersatz zur Anwendung kommen.
  • Nahrungsmittel und Grundkonsummittel des täglichen Verbrauchs unterliegen dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7%. Dieser Geltungsbereich ist über die Jahrzehnte starken kulturgeschichtlichen Veränderungen unterworfen gewesen und Anlass steter Diskussion. Als oberste Instanz entscheidet der Europäische Gerichtshof, welche Produkte unter die deutsche 7%-Regelung fallen und welche nicht.

Die Ausnahmen: Wann darf man bzw. Wer darf keine 7% Mehrwertsteuer berechnen?

  • IT-Berater, Lektoren, Dozenten, Korrektoren und ähnliche Berufsgruppen fallen mit ihren Arbeiten nicht unter das Urheberrecht und müssen den vollen 19%-Mehrwertsteuersatz entrichten. Aber auch für Werke der Kunst und deren Umfeld gibt es Ausnahmen von der ermäßigten Mehrwertsteuer. Computerkunst, Installationen, Hörbücher und eBooks werden mit 19% besteuert. Dies gilt auch für Dichterlesungen. Im Umfeld eines Konzerts oder einer Theatervorstellung werden zwar die Eintrittspreise und Künstlerhonorare mit nur 7% Mehrwertsteuer belegt, Programmhefte, Pausengetränke u. ä. aber mit den vollen 19%.
  • Eine Ausnahme von der Ausnahme bilden die Journalisten. Ihre Arbeiten fallen auf jeden Fall unter die 7%-Regelung, gleichgültig, ob das Urheberrechtgesetz auf sie anwendbar ist oder nicht.
  • Für den ermäßigten Steuersatz des Nahverkehrs gilt die bereits erwähnte Regel, dass Strecken von 50 km nicht überschritten werden dürfen. Einzige Ausnahme: Taxifahrten innerhalb einer Gemeinde.
  • Schwierig und unübersichtlich sind die Ausnahmeregelungen bei Nahrungsmitteln und Grundkonsummitteln. Die Aufteilung der einzelnen Produkte in solche mit ermäßigter 7%- und solche mit voller 19%-Besteuerung ist z. T. unlogisch und nicht nachvollziehbar. Basislebensmittel wie Kartoffeln und Milch fallen selbstverständlich unter die 7%-Regelung. Auch das Leitungswasser wird so besteuert. Für Süßkartoffeln, Sojamilch und Mineralwasser muss dagegen der volle 19%-Steuersatz gezahlt werden. Trüffeln, Froschschenkel und Garnelen gehen mit 7% durch, Hummern, Austern und Langusten werden mit 19% besteuert. Wer sich ein Reitpferd leisten kann, muss nur 7% Mehrwertsteuer zahlen. Schließlich ist so ein Pferd auch essbar. Das schmeckt nach starker Lobbyarbeit.
  • Auch bei den Grundkonsumgütern herrscht unlogische Unordnung. Brennholz und Pellets zählen zu den steuerermäßigten Gütern. Wenn man einen ganzen Baumstamm kauft oder sogenannte Holzhackschnitzel, muss der volle Steuersatz entrichtet werden. Auf Hundekekse stehen 7% Mehrwertsteuer, auf Babynahrung 19%. Hörgeräte werden mit 7% besteuert, Brillen mit 19%. Fast Food im Sitzen fällt unter den vollen Steuersatz, Fast Food im Stehen unter den ermäßigten. Die Liste der feinen bürokratische Unterscheidungen ist so lang, dass kein Steuerberater sie auswendig im Kopf hat.

Verhaltensregeln für den Zweifelsfall: Soll ich 7% oder 19% auszahlen wenn ich mir nicht sicher bin?

  • Empfehlungen, als Selbstständiger im Zweifelsfall einem Kunden 19% Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen, sind kein guter Ratschlag, denn unter Umständen wird das Finanzamt beim Kunden nur 7% Vorsteuer anerkennen. Auch im umgekehrten Fall einer fälschlich mit ermäßigter Steuer ausgestellten Rechnung entsteht Ärger, wenn diese Rechnung im Nachhinein korrigiert werden muss.
  • Für den konkreten Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf Nahrungsmittel und Grundkonsumgüter, hilft nur ein Blick ins Gesetz selbst. §12 des Umsatzsteuergesetzes enthält eine umfangreiche Ausnahmenliste. In einem separaten Gesetzesanhang sind alle Gegenstände aufgeführt, für die Ausnahmen gelten. Wenn der Fall nicht geklärt werden kann, sollte das zuständige Finanzamt kontaktiert werden.

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